Kinder sind Gäste, die nach dem Weg fragen.

Maria Montessori

Bindung verstehen

Damit Erwachsene ein Kind auf seinem individuellen Weg in die Selbstständigkeit begleiten können, brauchen sie dessen innere Zustimmung zur Führung. Die bekommen sie über ihre Bindungsbeziehung zum Kind:

Der Schlüssel zum Herzen eines Kindes ist das verlässliche Bindungsangebot, das ihm gemacht wird.

Anliegen meiner Arbeit als Referentin, Kursleiterin und Beraterin ist es,

  • dass potenzielle Bindungspersonen (Eltern, Großeltern, Fachkräfte) für die Bedeutung der Bindung sensibilisiert werden und günstige Rahmenbedingungen für die Reifwerdung der ihnen anvertrauten Kinder schaffen
  • dass Kinder in ihrer Unreife und ihrem natürlichen Bindungsbedürfnis verstanden, ernstgenommen und entsprechend begleitet werden
  • dass Symptome einer unzureichenden Bindung beim Kind erkannt werden und dessen Bindungshunger gestillt wird.

Grundlage meiner Arbeit ist der bindungsbasierte Entwicklungsansatz von Prof. Dr. Gordon Neufeld.

Meine Vision ist, dass innige Eltern- Kind- Beziehungen reifen und die Ängste von Erwachsenen, einem Kind mit „zu viel Herz“ zu begegnen, weichen.

Romy Richter

Man braucht nur eine Insel, allein im weiten Meer. Man braucht nur einen Menschen, den aber braucht man sehr.

Mascha Kaleko

Bindung wird für Eltern und pädagogische Fachkräfte meist dann bewusst zum Thema, wenn ein Kind nicht richtig „funktioniert“.

Aufgepasst! Verhaltensauffälligkeiten wie Unruhe, permanentes Einfordern von Aufmerksamkeit, Distanzlosigkeit, Unnahbarkeit, Verschlossenheit, abwehrendes Verhalten, eine „coole“ Ausstrahlung, Verweigerung zur Kooperation und Mitarbeit, Mobben, geringer Selbstwert, selbstverletzendes Verhalten, Lernschwierigkeiten, Schulverweigerung u.a.m. könnten Hinweise darauf sein, dass die Erwachsenen-Kind-Bindung mehr in den Blick genommen werden sollte.

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen der Primärbindung, die im Idealfall innerhalb der ersten sechs bis sieben Lebensjahre zwischen dem Kind und seiner primären Bezugsperson (zumeist Mutter oder Vater) aufgebaut wird und dem momentan empfundenen Verbundensein des Kindes mit seinem Gegenüber.

Die Primärbindung ist Grundvoraussetzung für ein tiefes Vertrauensverhältnis zwischen Eltern und Kind und für dessen Reifeentwicklung. Sich für die Erfüllung dieser grundlegenden Bindungsbedürfnisse des Kindes zur Verfügung zu stellen, liegt in der Verantwortung der Eltern. Im Übrigen sind es immer die Erwachsenen, die die Verantwortung in der Beziehung zum Kind innehaben. Das Kind ist lediglich „Empfänger“ dessen, was der Erwachsene zu geben vermag.

Das Gefühl des Verbundenseins mit jemandem ermöglicht es dem Kind, sich ihm gegenüber kooperativ zu verhalten, zu gehorchen und zu folgen. Fehlt diese Ver-Bindung, verweigert das Kind womöglich seine Mitarbeit oder flieht in die Arme seiner Primärbindungsperson:

Ich habe mich oft gefragt, warum mein Neffe nicht auf mich hört, obwohl ich es doch gut gemeint hatte z.B. mit meinen Tipps zum sicheren Klettern. Stattdessen ist er in die Arme seiner Mutter geflüchtet… heute weiß ich, dass er nicht ausreichend an mich gebunden war, um mir folgen zu können. Er brauchte zuerst die Rückversicherung seiner Bindungsperson, um zu wissen, ob er auf mich hören soll. – eine Tante –

Diese Form des Sich-Verbunden-Fühlens ist für jede Erwachsenen-Kind-Interaktionen wesentlich. Sie betrifft also alle, die mit Kindern arbeiten und zusammen sind. Jeden, der Einfluss ausüben und prägen will und/oder Kinder unterrichtet- auch Ärzte oder Gutachter beispielsweise, die Tests mit Kindern durchführen und sie dazu anleiten wollen:

Ich erinnere mich ungern an die Schuleingangsuntersuchung mit unserem Siebenjährigen. Obwohl er durchaus in der Lage gewesen wäre, die Aufgaben zu lösen, hat er komplett verweigert. Wir haben einen zweiten Termin bekommen. Ich habe die Zwischenzeit mit ihm genutzt, um herauszuhören, was das Problem war: „Ich kenne die doch gar nicht“ hat er mir zur Antwort gegeben, sodass ich mir Zeit genommen habe, ihn auf den zweiten Termin mit den „Fremden“ besser vorzubereiten. – eine Mutter –